Freundschaft und Liebe als Thriller

"Morgen war schön" im Kulturspeicher
Ibbenbürener Volkszeitung am 31. August 2013

Von Reinhold Bamming

Freundschaft und Liebe benennt Tobias Schindler als zentrale Themen seiner Inszenierung. Um diese an sich schon schwierigen Begriffe hat er ein verwobenes Stück entwickelt, das das Publikum im Kulturspeicher über zwei Stunden atemlos still sein ließ. Ein Thriller ist es geworden, weil Freundschaft und Liebe an die Grenzen menschlicher Verlässlichkeit geführt werden. Deshalb kommen Mord und Tod ins Spiel, das auf verschiedenen Ebenen die Belastbarkeit der Menschen, die Beziehung von Mann und Frau, das ewige Drama um Eifersucht und die Frage nach dem normalen Leben zu verbinden und zu lösen sucht.
Nora scheint in „Morgen war schön“ die Fäden in der Hand zu halten. Luise Badeda gestaltet diese schwierige Rolle mit großer Hingabe. Viel Text, der eher nach innen als nach außen gerichtet ist, erweist sich als hohe Hürde, die sie aber mit innerer Überzeugung immer wieder nimmt. Als das Publikum Platz nahm, hatte sie ihr Spiel schon begonnen.
Sie führt mit einem poetischen Monolog in die Szene ein, die scheinbar auf der Nebenbühne beginnt. Im Zentrum liegen nämlich Sandra (Nadine Ottenhues) und Steffen (Lars Dolkemeyer), aneinandergekettet und gefangen. Es gelingt nicht ganz mühelos, die verschiedenen Beziehungen zu entwirren, zumal Vanessa (Carmen Lucy Hesselmann) noch ins Spiel kommt und sich verbunden fühlt mit Nora und mit Steffen. Das unschuldige Weiß, in dem Nora auftritt, wird schwächer, als immer deutlicher wird, dass sie die mörderische Szenerie inszeniert hat.
Hier gerät das Stück leider etwas textlastig und weniger dramatisch. Aber mit dezent guter Musik, starken Lichteffekten und einer sich langsam entwickelnden Wasser-Symbolik werden die Stränge zueinander geführt. Das Leben spendende Wasser, nach dem alle so verlangen, ist vergiftet. Nora und Vanessa überleben. Steffen wird gerettet, wie man später erfährt.
Auch im zweiten Teil agiert Nora in einem offenen Szenenanfang und nimmt den Monolog wieder auf. Die Überlebenden scheinen Angst zu haben, voreinander und vor der toten Sandra, die weiter präsent ist. Sandra tritt als anklagender Grufti auf und auch Steffen verliert sich wieder im Geflecht seiner Beziehungen. Trotzdem gewinnt das Stück immer mehr an Klarheit.
Vanessa, die zunächst wie „abgestellt“ wirkt, will sich von Schuld lösen, indem sie die wahrhaft schuldige Nora zu erschießen droht. Der Durst nach Gerechtigkeit kann allerdings nicht gelöscht werden, weil alles ausgetrunken ist und nur der Kuss des Todes bleibt. Intensiv steuern alle Schauspieler ihren Anteil bis zum bitteren Ende bei. In der äußerst passenden Kulisse des Kulturspeichers hat das Jugendensemble von „Quasi So“ ein Stück produziert, das sicher kein Jugendtheater im beiläufigen Sinn ist, sondern ein beachtenswerter Versuch, letzte Fragen zu stellen und Antworten zu suchen. Heraus kam ein anspruchsvolles Kammertheater, nicht frei von Kritikpunkten, aber sicher sehenswert.