Brausender Applaus f?r gelungene 'Oliver!'-Premiere

Ibbenb?rener Volkszeitung vom 18. September 2000

Annette Kleinert. Ibbenb?ren. Die richtige Entspannung kommt erst nach dem Schlussapplaus: Gl?ckliche Gesichter h?ben und dr?ben des Orchestergrabens gab es zur Premiere des Musicals "Oliver!" am Freitagabend von der IVZ im B?rgerhaus pr?sentiert. Bravour?s gelang der gro?en Truppe die Vorstellung, das Quasi So-Theater kn?pfte nahtlos, an seine bisherigen Erfolge an. Unterst?tzung erfuhren die Schauspieler dabei in hervorragender Weise vom Jugendsinfonieorchester unter Leitung von Rolf Jan?en-M?ller. Auch der Kinderchor der Musikschule Ibbenb?ren (Leitung: Susanne Stelzer), T?nzerinnen vom Dance Forum des TVI, dessen Leiterin Kristina Leugers mit Jens Dierkes f?r die Gesamtchoreografie des Musicals verantwortlich zeichnet, und der Chor des Goethe-Gymnasiums sind f?r das St?ck unerl?sslich.

Sicher war es keine leichte Aufgabe f?r das Regieteam Ulla Dorenkamp und Robert Rickert, so viele Mitspieler auf der B?hne des B?rgerhauses zu pr?sentieren. Bei den quirligen bis tumultartigen Massenszenen entstand bisweilen der Eindruck, auf der B?hne bewegte sich die eine H?lfte der Ibbenb?rener Bev?lkerung, und im Publikum befand sich die andere H?lfte. Dass dadurch anregende Stimmung aufkommt, die Publikum und Darsteller eng zusammenschwei?t, versteht sich von selbst. Gro?z?giger Zwischenapplaus nach mitrei?enden Songs und vielen. gelungenen Szenen und brausender herzlicher Schlussapplaus als Dank und Anerkennung f?r die stolze Leistung aller Mitwirkenden machten das mehr als deutlich.
Nat?rlich war auch der sozialkritische Stoff nach Dickens "Oliver Twist" von hohem Unterhaltungswert und gut geeignet, Romantik, Action, Comedy und kritische Unterhaltung unter einen Hut zu bringen, also alles, was das Herz der Theaterfreunde begehrt. Regisseure, B?hnenbildner, Requisiteure, Kost?mwerkstatt und Maskenbildnerinnen durften aus dem Vollen sch?pfen und spielten mit Bilderbuch-Kontrasten zwischen der Armenhauskulisse und den ?ppigbunten Marktszenen. So kommen alle auf ihre Kosten und werden sich lange mit Vergn?gen an diesen Theaterabend in Ibbenb?ren erinnern.

Die Handlung rankt sich um das Waisenkind Oliver Twist, der Au?enseiter in allen Gesellschaftsschichten ist und dadurch alle Werte und Normen, mit denen er in Ber?hrung kommt, in Frage stellt. Das ist gef?hrlich, wie wir alle wissen, und hierin ist der Buchstoff hochaktuell. Durch Olivers Verhalten f?hlen sich alle unsicher und verletzlich. Oliver wird aus dem Armenhaus herausgejagt, sogar verkauft, weil er sich hier nicht an die Norm hielt, untert?nig zu sein. Sein neuer Besitzer und Arbeitgeber, Leichenbestatter Sowerberry und vor allem dessen nervt?tende Gattin f?hlen sich von Oliver bedroht, der ihnen zu wild und zu gierig erscheint. Oliver muss also auch hier allein bleiben und f?r sich selbst sorgen. Das herzzerrei?ende"Wer liebt mich?", zwischen den S?rgen gesungen, stimmte die Zuschauer so richtig darauf ein, Gerechtigkeit herbeizusehnen. Daniel Jan?en-M?ller , der ansonsten seine Rolle durchg?ngig glaubw?rdig spielte, merkte man hier das Premieren-Lampenfieber noch ein wenig an.

Inmitten der lustig bunten Diebesbande des Mr. Fagin (hervorragend in Stimme und Spiel: Udo Eickelmann) spielte sich Daniel-Oliver sehr schnell frei, und das Premieren-Publikum konnte sich erleichtert an den vielen bezaubernden Zutaten dieser Szenerie erfreuen. Unter Fagins Gaunern erlebt Oliver zum ersten Mal so etwas wie ein Zuhause, Geborgenheit und Freundschaft. Das vordergr?ndig lustige Leben ist aber zwiesp?ltig und voller Gefahren, in der schillernden Pers?nlichkeit Fagins kommt eine tragische Gratwanderung zwischen ehrbarem Leben und Gaunerleben zu Ausdruck. Fagin, der seine Diebesbande wirklich gern hat, Herz und W?rme besitzt aber auch das schnelle Geld sehr liebt, kann sich nicht zwischen dem "leichten" Gaunerleben und einer ehrbaren Zukunft entscheiden. So bleibt auch er eine einsame Gestalt voller Sehns?chte, die zu keiner genormten Gesellschaftsschicht passt.

In der Kulisse des viktorianischen B?rgerhauses tritt schlie?lich der reiche, souver?ne und g?tige Mr. Brownlow (die Rolle ist wie ma?geschneidert f?r Herbert B?rger) auf die B?hne und mit ihm die Wende zum Guten. Hier haben echte Liebe und W?rme Bestand. Das schafft Sicherheit und damit ein gesichertes (?ber-)Leben. So endet das St?ck also wie der Roman, mit einem Happy End, und alle k?nnten zufrieden sein. Wenn da nicht noch eine Frage gekl?rt werden m?sste: Wie steht es denn heute, 160 Jahre sp?ter, mit der Offenheit der Menschen f?r die Notlagen anderer, mit der Toleranz und der F?rsorglichkeit auch f?r Andersdenkende?

Das Musical "Oliver!", eine gemeinsame Pr?sentation von IVZ und lbbenb?rener Volksbank eG, kommt nach der weiteren Auff?hrung Samstag und gestern noch dreimal auf die B?hne: Freitag, 22. September, 20 Uhr, Samstag, 23. September, 18 Uhr, und Sonntag, 24. September, 11. Uhr. Karten gibt es im ZettPunkt, Bahnhofstra?e 15.