Horror, Sex und wahre Liebe!

Ibbenb?rener Anzeiger vom 30. M?rz 2005

Dieter B?hre. Ibbenb?ren. Es ist alles drin: Horror, Sex, Sado-Maso, Schmalz und wahre Liebe, dazu wirklich hervorragende Songs und bestens aufgelegte Schauspieler: Das Kultmusical "Der kleine Horrorladen" von Howard Ashman nach dem Film von Roger Corman mit Alan Menkens rockig geschmackvoller Musik feierte am vorigen Montag in einer Inszenierung des Quasi So-Theaters der VHS im Ibbenb?rener B?rgerhaus Premiere. Wer's verpasst hat, bekommt neun neue Auff?hrungs-Chancen. Es sei denn, er wird gefressen, von Audrey II. "Gib's mir!", st?hnt, schnurrt, tr?llert, fl?stert, br?llt die fiese Pflanze. Fleisch will sie, frisches Menschenfleisch.

Die Inszenierung von Ulla Dorenkamp und Robert Rickert h?lt sich recht genau an die Vorlagen. 1981 wurde aus Roger Cormans Film (1961 mit Jack Nicholson uraufgef?hrt) ein Erfolgsmusical, das 1986 noch einmal verfilmt wurde (unter anderem mit Steve Martin und Rick Moranis). Sogar Rainer Gr?nebaums Seymour erinnert stark an Rick Moranis Film-Seymour. Und es ist auch gut, dass keine Experimente eingegangen worden sind, bei einem Stoff, der ohnehin schon Klischees bedient, die nur behutsam dosiert auch witzig wirken: Die Story vom sch?chternen Jungen und der h?bschen aber naiven Blondine von Nebenan zum Beispiel, angereichert durch ein paar bissige Seitenhiebe auf die sch?ne Werbewelt eines "Better Homes", von dem Audrey in ihrem Schmalzsong vom "H?uschen im Gr?nen irgendwo" tr?umt, nat?rlich die Figuren des Zahnarztes und Audreys. Apropos Audrey: Claudia Balmes aus Osnabr?ck, die erstmals beim Quasi So mitwirkt, und in Doppelbesetzung neben der reizenden Anna Lefmann spielt, d?rfte die Entdeckung der Saison sein.

Falls jemand den Film noch nicht kennt: Irgendwo in irgendeiner trostlosen Vorstadt betreibt Mr. Mushnik den miesesten Blumenladen weit und breit. Eines Tages kauft Seymour, sein etwas treu-doofer Angestellter, eine eigenartige Pflanze, die er liebevoll hegt und pflegt und in schmachtender Verehrung seiner gleichnamigen Kollegin "Audrey II" nennt. Mit "Audrey II", einer Kreuzung aus einem Kopfsalat mit roten Lippen und einer warzigen Miesmuschel, leuchtet ein schillernder Farbklecks in Mushniks Blumenladen, der fortan die Kunden scharenweise anlocken wird. Erfolg und Aufschwung stellen sich ein. Und auch Audrey und Seymour kommen sich n?her. Doch sie ist zun?chst noch Geliebte des sadistischen Zahnarztes Orin Scrivello, dem sie offenbar sogar h?rig ist. Immer wieder kommt sie mit blauen Augen und l?dierten Gliedma?en von ihren Besuchen bei Orin zur?ck. Sp?testens, als der Zahnarzt auf mysteri?se Weise verschwindet, und eigenartige rote Flecken auf dem Laden-Linoleum zu sehen sind, wird allen klar, dass Audrey II ein schreckliches Geheimnis in sich birgt. Ihr scheinbar unaufhaltsames Wachstum bis hin zum Einfamilienhaus-Format beruht auf einem unheilvollen Hunger, den nur Seymour zu stillen wei?...

"Der kleine Horrorladen" ist eine charmante, schmissige Inszenierung mit einer tollen Ensembleleistung und vielen H?hepunkten: Schon das nahezu perfekte B?hnenbild geh?rt dazu, das die aufw?ndigen Filmkulissen und -orte gar nicht vermissen l?sst. Ausgesprochen witzig sind die drei Nachbarsm?dchen Chrystal, Chiffon und Ronnette, die -mal sexy, mal naseweis - in einer Mischung aus griechischem Trag?dienchor und Revuegirls die Ereignisse kommentieren. Ein Kabinettst?ckchen ist die Szene, in der Sado-Zahnarzt Orin auf Maso-Patient (Stefan K?nig [korr.; Anm. QST Webmaster]) trifft. Ausgezeichnet getroffen ist die Besetzung der Hauptrolle, alle sind bestens aufgelegt.