Die Maske der Illusion und der gro?en Gef?hle abgerissen

Ibbenb?rener Volkszeitung vom 12. Februar 2004

Wilm Froese. Ibbenb?ren. So wundervoll und sexy, wie es der lange Titel der Revue von Tony Dunham verspricht, die das Quasi so-Theater am Mittwochabend in der Alten Sparkasse vorstellte, war die Welt des Theaters wohl doch nicht immer. Wie auch, wenn es bis in die Renaissance-Zeit nur M?nner auf den B?hnen Europas gab. Folgerichtig l?sst Dunham seinen R?ckblick von der Steinzeit bis in die Zukunft von zwei m?nnlichen Schauspielern vortragen. Die hei?en Schickel und Gruber, frei nach dem Geburtsnamen des Vaters von Adolf Hitler, eine nicht gerade tolle ?bersetzung von "Bullitt und Gun", was Kugel und Pistole bedeutet h?tte. Da aber die Namen in diesem St?ck nur Schall und Rauch sind, h?tte man sie auch K?nig und Tombrink nennen k?nnen, frei nach den beiden Darstellern Peter Tombrink und Stefan K?nig, die das nicht ganz saalf?llende Premierenpublikum durch 10000 Jahre Theatergeschichte jagten.

Wenn die am Anfang in ihre Theaterkisten klettern, aus denen sie sogleich, zur einstudierten ?berraschung des Publikums, wieder heraussteigen, ist klar, dass auf der fast unm?blierten B?hne die Maske der Illusion und der gro?en Gef?hle gnadenlos abgerissen werden wird. Doch wem? In erster Linie den Herren Schauspielern, hinter deren goldenen Morgenr?cken Eitelkeit, Realit?tsverlust und eine Tendenz zur Volksverf?hrung deutlich werden, aber auch der Drang zu Geld und erotischen Abenteuern. Und gleichzeitig kann man erleben, wie Schickel und Gruber auf dem Weg zu Reichtum und Sex in jeder Theaterepoche ?ber ihre eigenen Beine stolpern.

Geschickt identifizieren sich Tombrink und K?nig unter der Regie von Klemens Hergem?ller nie ganz mit ihren Rollen. Wenn Schickel und Gruber die Urmenschen von ihren unglaublichen Leistungen bei der B?renjagd erz?hlen lassen oder als Thespis und Aischylos Bettt?cher zu antikem Faltenwurf raffen, scheinen immer auch die beiden Mettinger Mimen durch, die hinterr?cks verraten, wie Theater "gemacht" wird. Da k?nnten die kleinen Premierenversprecher sogar Stilmittel zur reizvollen Dreib?digkeit sein.

Diese Darstellung ist verwoben mit der Entdeckung, dass das Theater selbst auch nicht immer nur das ist, was es zu sein scheint. Ganz krass wird das, nach zarten Andeutungen ?ber das Mysterienspiel und die Commedia dell?Arte, im Kapitel "Neuzeit" enth?llt, wo inhaltsleere Showformen bis zur roten Nase im Vordergrund stehen. Hier darf das Publikum mitwirken, h?lt sich aber in der Premiere klug zur?ck. Schlie?lich ist der Autor Mitgr?nder der K?lner "Confederacy of Fools", und da wei? man ja nie, wer zum Narren gemacht wird. F?r die n?chsten Auff?hrungen an den kommenden Wochenenden kann Entwarnung gegeben werden.

In dieser vergn?glichen Abendunterhaltung, aus der man sogar etwas lernen kann, wird nur das Theater vorgef?hrt, bis in die von Lloyd-Webber-Schmalz dominierte Zukunft. Mit dem Musical-Papst wird so wenigstens einer am Theater reich, w?hrend Schickel/Tombrink und Gruber/K?nig sowie der Regisseur und die vielen Mitarbeiter hinter der B?hne sich mit dem reichlichen, aber redlich verdienten Applaus begn?gen m?ssen.