Trojas Held auf Liebes-Touren

Westf?lische Nachrichten vom 05. Oktober 2002

Gudula Benning. Ibbenb?ren. Mit einer Inszenierung voller Leidenschaft mischten sich die Ibbenb?rener Theaterleute um Ulla Dorenkamp und Robert Rickert am Donnerstag in die Riege der Profis des Figurentheater-Festivals im Tecklenburger Land. Das QUASI SO - Theater der VHS feierte mit den "Irren Fahrten des Odysseus", einem Theater f?r Menschen, Figuren und Masken, eine gelungene Premiere im Foyer des B?rgerhauses.

H?lzern wirkten allein die beiden Figurenspiel-Szenen, Vor- und Nachspiel der Irrfahrt: Nur als Puppen begegnen sich beim Abschied und nach der R?ckkehr Odysseus und seine Frau Penelope. Auch die Sprache hebt sich ab, die nur hier in Versform geblieben ist. Im ?brigen haben die Ibbenb?rener auf eine moderne Bearbeitung des antiken Stoffes durch das TAB (Theater aus Bremen) zur?ckgegriffen. Dieser Bruch macht Sinn, denn f?r ein anst?ndiges Leben im trauten Schloss ist die Figur des Odysseus nicht angelegt: "Ich geb ihnen vier Wochen" ist der trockene Kommentar der Amme Eurykleia, als die misstrauische Penelope Odysseus endlich als ihren Mann anerkennt.

Kristina Leugers spielt die Penelope unnahbar und edel. Ihre Beherrschung verliert sie nur in der H?hle der knochennagenden Antikleia (Jutta Lefmann), wo sie in ekstatischem Tanz ihren Mann herbeizuzwingen versucht. Der schwebt abwechselnd in den Armen sch?ner Frauen - im siebten Himmel oder in Lebensgefahr. Manfred Hagemann verk?rpert den sinnesfreudigen Abenteurer, der nach seinem listenreichen Sieg ?ber Troja 20 Jahre braucht, um nach Ithaka zur?ckzukehren. Auf einer schlichten B?hne bedient sich die Regie wirkungsvoller Lichtwechsel, Masken und Figuren, um ihren Helden durch seine Irrwege zu lotsen. So entbl??en die Sirenen, die eben noch mit s??en Stimmen und reizendem Tanz locken, pl?tzlich ihre Fratzengesichter. Dem Untergang des letzten Schiffes des Odysseus geht ein Kampf mit gr?sslichen Ungeheuern voraus, die wie alle anderen Figuren in einem Workshop unter Leitung von Vinzenz Hoppe und Robert Rickert entstanden.

Von gro?er Aussagekraft sind die Kost?me (Ute St?ttner und Natalja Reilan). Penelope erscheint elegant im tiefausgeschnittenen schwarzen Kleid mit golddurchwirktem Schleier. Odysseus dagegen [ist] mit Netzhose unterwegs. Er verf?llt den raffiniert verh?llten Reizen der Zauberin Circe (Imke Strothmann) und der ebenso sparsam wie effektvoll bekleideten Halbg?ttin Kalypso (Kathi Anlauf). Die Verwirklichung seiner erotischen Tr?ume ist zum Teil als Schattenspiel hinter rot schimmernder Leinwand, teils hinter rotem Schleier zu verfolgen.

Drive bekam Odysseus' Irrfahrt durch die Band mit Kai Dorenkamp, Rainer Gr?nebaum und Robin V?lkert, die zwischendurch auch mal ins Schiff steigen und rudern m?ssen. Zu wilden Polkakl?ngen sticht Odysseus in See, die Polka begleitet ihn, als er bei seiner R?ckkehr seine Rivalen meuchelt. Dabei geht auch Eurymachos (Rainer Gr?nebaum) drauf, der Penelope permanent auf den Fersen ist. Gr?nebaum macht aus ihm ein Ekel, das beim Publikum am?siert Emp?rung hervorruft. Er feixt und lacht und ger?t zwischendurch in gef?hrliche N?he zum Klamauk. Die straffe Regie kann ihn gerade noch davor bewahren. Eurymachos Intimfeindin ist die Amme Eurykleia (Ingeborg Grau). Beim Schuheputzen verwandeln sich die braunen Schlappen in M?nner, auf die sie zeternd spuckt. Das ist auch Figurentheater.