Beklemmend durch die Realit?t

Westf?lische Nachrichten vom 29. Oktober 2001

Caren Linnemann. Ibbenb?ren. "So etwas kann und darf doch gar nicht passieren." Diese Aussage der Sch?lerin Laurie steht im Mittelpunkt des Theaterst?cks "Die Welle" nach der Novelle von Morton Rhue. Denn Sie bringt, im wahrsten Sinne des Wortes, eine Welle der Ereignisse mit sich, die so manchem Zuschauer eiskalt den R?cken herunterlaufen sollten. Am Freitagabend feierte das Quasi So-Theater der Volkshochschule Premiere in der Alten Sparkasse.

Vor vollbesetztem Haus spielte die Gruppe eindringlich die Ereignisse nach, die ein amerikanischer Lehrer tats?chlich mit seinen Sch?lern erlebt hat. Nach einem Diavortrag in der Geschichtsklasse von Ben Ross (Ansgar Kuper) zu dem Thema Nationalsozialismus fragen sich die Sch?ler, wie die Menschen die Gr?ueltaten der Nazis einfach so hinnehmen konnten. Um seinen Sch?lern zu zeigen, wie schnell man zum Mitl?ufer werden kann, startet er in seiner Klasse ein Experiment. Mit der Bewegung "Die Welle" schafft er ein autorit?res System. Was zun?chst ein harmloser Spa? ist, wird zunehmend zur Bedrohung. Ohne zu hinterfragen folgen die Sch?ler den Befehlen ihres "F?hrers" Ross. Mit den Leits?tzen "Macht durch Disziplin", "Macht durch Gemeinschaft" leben die Sch?ler zun?chst scheinbar besser. Denn alle sind gleich, niemand ist besser oder schlechter. Dabei verlieren die Sch?ler ihre Individualit?t und werden immer mehr zu gesichtslosen Marionetten. Nur Laurie (Kathi Anlauf) will das nicht akzeptieren. Sie greift die Welle in der Sch?lerzeitung massiv an, redet von Gehirnw?sche und Unterdr?ckung. Um sie auszuschalten, soll ihr Freund David (Hauke Holtkamp) mit ihr reden. Verblendet von "Der Welle" l?sst er sich beinahe hinrei?en, seine Freundin zu schlagen. Erst dieses Ereignis ?ffnet ihm die Augen. Der Lehrer soll die Welle beenden. Der hat nun auch erkannt, dass er zu weit gegangen ist. Seine Frau Christy (Birgit L?cke) und die Direktorin Owens (Christel M?ller) verlangen, dass die Welle aufgel?st wird. In einer Generalversammlung erkl?rt Ross den Mitgliedern, dass Jugendgruppen im ganzen Land gegr?ndet worden seien, um gegen Korruption, Misswirtschaft und den Vorfall der Moral anzuk?mpfen. "Ich werde euch heute unseren F?hrer pr?sentieren. Er wird zu allen Gruppen im Land sprechen." Voller Spannung erwarten die Sch?ler die Ansprache des F?hrers. Tats?chlich ert?nt wenig sp?ter die Stimme Adolf Hitlers, der zum totalen Krieg aufruft. Betroffen schweigen die Sch?ler, als Ross ihnen erkl?rt, dass sie nun selbst zu den Mitl?ufern geworden sind, die sie zuvor nicht verstehen konnten.

Das St?ck erh?lt seine beklemmende Authentizit?t durch die Realit?t. Der Gedanke, dass sich dieses Ereignis tats?chlich zugetragen hat, bleibt dem Zuschauer unvergessen. Das Theaterst?ck wurde im Rahmen der Aktion "Kommunen gegen Rechts" aufgef?hrt. Es soll das Verst?ndnis f?r die Zusammenh?nge 'des Mitl?ufertums im Dritten Reich darstellen. Die Auseinandersetzung mit diesem ernsten Thema war den Akteuren deutlich anzumerken. Engagiert spielten sie ihre Rollen, so dass die Tragweite des Themas nicht unterging. Schade nur, dass der Spielfluss durch das h?ufige Wechseln der Szenerie und das damit verbundene Umr?umen immer wieder gest?rt wurde.