Eine Steigerung des Schwarzen Humors

Westf?lische Nachrichten vom 23. M?rz 2001

lbbenb?ren. Schade eigentlich, dass es keine Steigerung zu ,Schwarz' gibt. G?be es n?mlich eine Farbe, die im Symbolgehalt noch dunkler und b?ser ist, dann g?be es auch eine Steigerung von ,Schwarzem Humor'. Da es aber nun mal nur ein ,Schwarz' gibt, ist das neue St?ck des Quasi So-Theaters eine extrem ,Schwarze Kom?die'. Am Mittwochabend feierte "Pterodaktylus - Auf Leben und Tod" im B?rgerhaus Premiere.

Wie bei jedem St?ck der faszinierenden Theatertruppe der Volkshochschule zog auch "Pterodaktylus" die Zuschauer schon in den ersten Minuten in seinen Bann. Schonungslos, brutal aber dennoch unterhaltend und schaurigsch?n: Dem derben Charme des St?ckes von Nicky Silver konnte sich niemand entziehen. Jens Dierkes hatte das "Familienh?llenfeuerwerk" f?r das Ibbenb?rener Publikum in Szene gesetzt. Er verzichtete dabei auf jegliche Requisite. Schonungslos wird der Blick des Zuschauers auf die Charaktere und ihre Realit?tsfluchten gelenkt. Diese Unmittelbarkeit zu Schauspielern und Story wird bei "Pterodaktylus" noch verst?rkt durch die ungew?hnliche aber wirkungsvolle Platzierung von Publikum und Mitwirkenden. Ist die Geschichte nun absurd oder traurig-schaurig-wahr? Im B?rgerhaus wurde ein spezieller Raum f?r das St?ck geschaffen. Die Zuschauer sitzen direkt bei den Akteuren auf der B?hne. So bietet sich ihnen keine Gelegenheit, sich als Betrachter zu f?hlen. Das Publikum wird direkt konfrontiert mit den: abnormen und gef?hlskalten Handlungstr?gern.

?ber drei Stunden zieht sich der sarkastische Epos von Aids, Tod, Gef?hlsk?lte und Realit?tsverdr?ngung hin. Doch diese Zeit vergeht bei "Pterodaktylus" wie im Fluge. Die Mannen des Quasi So-Theaters haben einmal mehr eine mitrei?ende aber auch schockierende Inszenierung auf die Beine gestellt. Vor allem Henning Str?bbe als aidskranker Todd Duncan zieht jeden mit einer atemberaubenden Schauspielleistung in seinen Bann. Henriette Mudrack als Todds Schwester Emma ?berzeugt in der Rolle der naiven, wirklichkeitsfliehenden Tochter aus gutem Haus.

Jutta Lefmann gibt eine faszinierende Verk?rperung der alkoholkranken, oberfl?chlichen Mutter Grace Duncan. Ein ?berzeugender Michael Kneisel als Vater Arthur Duncan vervollst?ndigt das verkorkste Familienverh?ltnis: Als Bankchef ist ihm die Arbeit wichtiger als seine Familie, und nur zu seiner Tochter Emma pflegt er eine Liebe, die starke Z?ge von Kindesmissbrauch tr?gt.

Last but not least: Peter Tombrink als Verlobter Tommy von T?chterchen Emma. Er ist als Kind im Waisenhaus von Priestern missbraucht worden, wird von Todd verf?hrt und erkennt so seine homosexuellen Neigungen. Als Emma ihren Bruder und Tommy kurz vor der Hochzeit in flagranti erwischt, begeht sie Selbstmord - mit der Pistole, die ihr Todd als Hochzeitsgeschenk gegeben hat.

Und was hei?t nun Pterodaktylus'? Pterodaktylen waren Flugsaurier. Todd findet im Garten das Skelett eines Sauriers (allerdings ein Tyrannosaurus Rex) und philosophiert ?ber die Gr?nde ihres Aussterbens. Es k?nnte an der K?lte der Eiszeit gelegen haben. Hat diese Gef?hlsk?lte und die Unf?higkeit, die Wahrheit zu akzeptieren, auch zum Aussterben der Duncans gef?hrt'? "Pterodaktylus" sollte sich auf jeden Fall niemand entgehen lassen: Unverbl?mt, offen und fern ab jeglicher Konventionen r?umt das Quasi So-Theater auf mit oberf?chlicher Lala-Unterhaltung, die vor Tabuthemen zur?ckschreckt. Eine super Performance!