Arbeit an der Rolle stand im Mittelpunkt

Ibbenbürener Volkszeitung vom 6. Juli 2009

Mit Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“ stimmte Christel Müller am Samstagabend in der „Schauburg“ das Publikum auf einen vielseitigen Theaterabend ein. Die Aufführung von Szenen aus fünf unterschiedlichen Stücken bildete den Abschluss einer Seminarreihe, die der Amateurtheaterverband Nordrhein-Westfalen regelmäßig anbietet. An drei Wochenenden wurde mit dem Regisseur und Theaterpädagogen Michal Nocon intensiv an Bühnenpräsenz, Textauswahl und Sprechtechniken gearbeitet. „Arbeit des Schauspielers an der Rolle“ hieß die Aufgabe in diesem Seminarblock.

Sandra Stötzel, die Bildungsreferentin des Verbandes, begrüßte die Zuschauer, die bei der Präsentation des Erreichten mit auf der Bühne saßen. So waren sie nah am Geschehen und konnten verfolgen, wie sich die Schauspieler ihre Rolle erarbeitet hatten. Zur Auswahl der Szenen hatte der Regisseur 20 Stücke vorgeschlagen, den Schauspielern wurde ein beschränktes Mitspracherecht zugestanden. Mit ihrer Leistung war Michal Nocon sehr zufrieden, obwohl selten Lob über seine Lippen kommt. So ein Seminar sei mit der Verwandlung eines Steines in eine Skulptur zu vergleichen. Alles Störende müsse abgeschlagen werden, das könne auch schmerzhaft sein, beschreibt er seine Arbeit.

In dem Stück „Auf hoher See“ von Slawomir Mrozek geht es vordergründig um drei Männer, die in einer Extremsituation menschliche Abgründe sichtbar werden lassen. Tobias Schindler, Rainer Möller und Tobias Stöttner machten durch die Gestaltung der unterschiedlichen Charaktere den Hintersinn dieser bitterbösen Parabel deutlich.

Szenen vom Ende einer Ehe stehen im Mittelpunkt der Tragikomödie „Play Strindberg“ von Friedrich Dürrenmatt. Christel Müller und Rolf Luxenburger gelang es, mit wenigen Requisiten und ausgefeilter Mimik zu zeigen, dass beide Figuren gescheitert sind und vom Zusammenleben nichts mehr erwarten.

Dem Absurden Theater zuzurechnen ist das dritte Stück. Petra Luxenburger und Rainer Möller spielten eine Szene aus Eugène Ionescos „Die kahle Sängerin“. Sprachlich und darstellerisch schafften es die Akteure, den Wahnwitz der banalen Kommunikation zwischen den Figuren aufblitzen zu lassen.

Dass es nicht langweilig sein muss, wenn zweimal die gleiche Szene auf die Bühne gebracht wird, wurde bei dem differenzierten Spiel von Stella Jülich und Rüdiger Kebeck sowie von Verena Lücke und Tobias Schindler in der Mordszene aus Georg Büchners „Woyzeck“ sichtbar.

Das Publikum, äußerst sachkundig, hatte anschließend Gelegenheit, mit den Schauspielern ins Gespräch zu kommen. Dabei erläuterte Seminarleiter Nocon, dass nicht das Spiel im Vordergrund stand, sondern das Handwerkliche. Er bescheinigte den Mitwirkenden dieses Abends eine professionelle Herangehensweise. Besonders im Amateurtheater werde mit viel Engagement und Energie gearbeitet, das spüre auch das Publikum. Die Teilnehmer betonten vor allem die familiäre Atmosphäre. Nocon sei es gelungen, aus einzelnen Personen eine Gruppe zu formen, die ohne Berührungsängste miteinander umgehen konnte.

Verena Lücke aus Ibbenbüren ist Mitglied des Quasi So-Theaters und des Rabatz-Kindertheaters. Die Sozialpädagogin sieht in der Schauspielerei einen Ausgleich zum Alltag. Sie schlüpft gern in andere Rollen und sieht das Ensemble als eine große Familie.