Ibbenbürener Quasi-So-Theater feiert Premiere mit „Drei Mal Leben

Ibbenbürener Volkszeitung vom 05. Februar 2011

Ibbenbüren. Vier Personen, die sich nichts zu sagen haben, die sich voneinander abhängig fühlen, sich damit quälen und sich einen zerstörerischen Abend bereiten: Ist das Stoff für eine Komödie oder für ein Drama?

Die Reaktionen des Premierenpublikums am Donnerstag in der Schauburg beantworten die Frage: Viel Gelächter, aber auch fassungsloses und mitfühlendes Schweigen begleiteten die vier Akteure des Quasi-So-Theaters. Jutta und Klaus-Peter Lefmann, Ansgar Kuper und Ilka Hagemann brachten unter Regie von Klemens Hergemöller eine grundsolide Leistung.
„Drei Mal Leben“ handelt von der Kommunikationsfähigkeit der Menschen, die vielseitig und anpassungsfähig ist, die jedoch in Momenten von Schock und Überrumpelung oder bei Überreizung in die uralten Reaktionen von Aggression oder Flucht mündet.

Intensiv beeinflussen gegenseitiges „Anschweigen“ und Unehrlichkeit den Ablauf des peinlichen Abends. Derlei Momente bietet das Stück der französischen Autorin Yasmina Reza viele, ständig stoßen die vier Personen an ihre Grenzen und reagieren ihre gereizte Stimmung an den anderen ab. Das dreiteilige Stück zeigt drei unterschiedliche Verläufe der gleichen Situation und bietet die Möglichkeit, zwischen den verschiedenen „Strategien“ zu wählen.

Die Situation: Ehepaar Hubert und Ines Finidori besucht versehentlich einen Tag verfrüht das Ehepaar Henri und Sonja. Henri möchte Huberts Unterstützung, um seine Karriere voranzubringen. Hubert ist äußerst gelangweilt und will die Stimmung mit der schlechten Nachricht aufheizen, dass ein Konkurrent die fachliche Position von Henri gefährdet.

Klaus-Peter Lefmann spielt den arroganten, unsympathischen Hubert über-glaubwürdig. Auch seine schleimigen Verführungsversuche bei Sonja passen in dieses Klischee. Jutta Lefmann erhielt mehrmals spontanen Zwischenapplaus für ihre Verkörperung der teils resignierten, teils hellwachen Ines. Ilka Hagemann ist als Sonja dieser Spiellust gut gewachsen.

Der sehr wandelbare Ansgar Kuper hat zu Recht die schwierigste Rolle. Als Henri erscheint er in der ersten Szene nervös, unterwürfig und am Boden zerstört, weil Hubert ihn mit seiner Erwähnung eines Konkurrenten aus dem Tritt bringt.

In der zweiten Szene werden die unüberbrückbaren Gegensätze und die Spannungen zwischen den Charakteren hauptsächlich durch Alkohol überspielt. Gekonnt torkeln die Akteure auf der als schräge Rampe angelegten Bühne. Hubert verliert in der Rolle als unangenehmer Ehemann völlig den Respekt der anderen.

Die dritte Szene zeigt einen ganz anderen Henri, dem der überhebliche Hubert fast nichts anhaben kann: Mit ruhigem Nachfragen und Besonnenheit stellt er eine Kommunikationsvariante vor, die die hektischen und lauten Auseinandersetzungen der ersten Szene und das unkontrollierte Sich-gehen-Lassen im zweiten Teil überwindet. Liebevoll unterstützen sich Sonja und Henri in diesem Teil des Stücks und lassen Huberts Sticheleien abprallen.

Übrigens: Auch Robin Laumeyer, der im Hintergrund das quengelnde Kind mimt, hat mit zur guten Unterhaltung beigetragen.

VON ANNETTE KLEINERT