?tzender Ehemann baut an privater H?lle
Westf?lische Nachrichten vom 25. Februar 2000
Ibbenb?ren. Der Mann hat Schmerzen. Wenn er schluckt, knackst es im Hals. Vielleicht ist es auch das gebrochene R?ckgrat. Der Gymnasialprofessor Leu hypochondert jedenfalls. Klaus-Peter Lefmann stellt ihn am Mittwochabend auf der kleinen Studio-B?hne in der Alten Sparkasse mit schlurfendem Pantoffelgang dar, w?hrend die H?nde nerv?s seine Monologe begleiten. Lefmanns Leu, das ist die Hauptperson von "Rumpelstilz", einem St?ck, das der Schweizer Autor Adolf Muschg 1968 erstmals zur Auff?hrung brachte. Das Quasi-So-Theater heimste f?r die famili?re Tragikkom?die, von Robert Rickert straff und spannend inszeniert, verdienten Applaus ein. Der Gymnasialprofessor - eine schweizer Gattung - hat sein Leben verpatzt. Der Revolution?r, der er aus Zufall bei einem Arbeiterstreik geworden ist, konvertierte zum abnickenden Bourgoise mit Hang zum Rotweins?ffeln. Der verhinderte Literat korrigiert nur noch Geschichtsaufs?tze seiner Sch?ler - ein Pedant, der dem Versuch nicht widerstehen kann, nach der verbotenen Lekt?re des Tagebuchs seiner Tochter, rot drunter zu kritzeln: "Stark ?bertrieben".
Kathi Anlauf, erst 16 Lenze jung, stellt diese nach dem St?ck 28-j?hrige Tochter fr?hreif gut dar. Lukrezia Leu hat unter ihrem selbstbesessenem Vater die eigene Kreativit?t verloren und wendet sich ausgerechnet einem jungen Arzt und verhinderten K?nstler zu. Indem sie ihn am Ende verl??t, l?st sie sich auch von ihrem psychotischen Elternhaus. Die Nachwuchs-Schauspielerin kehrt die k?hle und harte Seite ihrer Rolle ?berzeugend hervor, aber auch ein paar weichere Gef?hls?u?erungen h?tten der Rolle gut getan.
Daf?r war eher Jutta Lefmann zust?ndig, die in der Rolle der liebenden und leidenden Ehefrau stille Akzente setzte. Sie ertr?gt die gesellschaftlichen Ausf?lle ihres Mannes. Und w?hrend er als eingebildeter Kranker sich seines Lebens gerade dadurch vergewissert, dass er best?ndig den Tod durch Krebs f?rchtet, stirbt sie tats?chlich im letzten Akt an einem still erlittenen Krebsgeschw?r.
Udo Eickelmann hat zun?chst in der Rolle des mutma?lichen Verlobungs-Kandidaten stimmungsm??ig Schwierigkeiten. Als das St?ck 1968 uraufgef?hrt wurde, herrschten Studentenunruhen, Jugend-Revolte, Auflehnung. Man hat jedoch eher den Eindruck, dass ihm der zynische Opportunismus und die feige Lebensm?digkeit des gescheiterten Leu eher Langeweile als Auflehnung, eher ?berdru? als Emp?rung verursacht. In den letzten Bildern des St?cks, im Dialog mit Lukrezia, findet er dann aber doch zu einer ?berzeugenden Ausdrucksform.
Herausragend bleibt Klaus-Peter Lefmann, dessen Rolle allerdings alle anderen zu Nebenfiguren abstempelt. Die Metamorphose vom kaltschn?uzig-abgekl?rten Intellektuellen, der die Lebenskraft seiner Mitmenschen aufsaugt, zum verlassenen, einsamen und sprachlosen "Rumpelstilz", f?hrt er beeindruckend vor: Dozierend, schreiend, witzelnd und am Ende trostlos stammelnd. Eine sehenswerte Leistung. Das Quasi-So-Theater f?hrt das St?ck am Samstag um 20 Uhr erneut in der Alten Sparkasse auf.