Textsicher, talentiert, spannend:Quasi-So-Nachwuchs überzeugt bei Premiere in Ibbenbürener Schauburg

Ibbenbürener Volkszeitung vom 26. November 2011

Ibbenbüren. Mit einer Neuinszenierung des Theaterstückes "norway.today" von Igor Bauersima stellten sich jetzt zwei junge Schauspieler aus dem Nachwuchsprojekt des Quasi So-Theaters vor.

Tobias Stöttner und Carmen Lucy Hesselmann agierten bei der Premiere in der Schauburg mit absoluter Textsicherheit und großem schauspielerischen Talent. Es gelang ihnen, die eher emotionslos und in lakonischem Ton erzählte Geschichte eines geplanten Selbstmords bis zum Ende offenzulassen und dennoch Spannung zu erzeugen. Das Polarlicht wird den Jugendlichen zum Symbol dafür, dass es auf der Welt noch viel zu entdecken gibt.

Bei den Zuhörern stellte sich durchaus Betroffenheit ein, jedoch auch die weniger ernsten Momente im Handlungsablauf ließen aufhorchen. War zunächst Julie die Überlegene, so kommt es nach ihrem Beinahe-Absturz zu einem Rollenwechsel. August ignoriert zunächst ihre Hilferufe und übernimmt die dominante Rolle. An dieser Stelle wird dem Zuschauer klar, dass die beiden ihren geplanten Selbstmord noch einmal überdenken dürften, denn einen triftigen Grund dafür finden beide nicht. Ihre Versuche, mit der Videokamera eine Abschiedsrede für ihre Lieben zu filmen, misslingen gründlich. Die etwas lang geratenen Sequenzen verraten jedoch, wie es um die beiden steht. Würde die Liebe, die Julie und August füreinander entwickeln, in Zukunft Bestand haben? Das bleibt offen, ebenso wie die Frage, ob sie überhaupt von der Klippe springen wollten. Die Liebesnacht im Zelt, die der Zuschauer durch den geschickten Einsatz von Licht und Schatten beobachtet, spricht eher gegen ein tragisches Ende. Im wahren Leben hat es stattgefunden. Das Stück beruht auf einer wahren Begebenheit.

Da "norway.today" Bestandteil der Abschlussprüfungen ist, nutzten Schüler des Berufskollegs Tecklenburger Land die Aufführung als Unterrichtsergänzung. Das Theaterstück greife aktuelle Themenbereiche auf, die Jugendliche heute ansprächen und direkt beträfen, begründete Annette Fischer, Lehrerin am Berufskolleg die Initiative der Schule. Theaterbesuche seien wichtiger Bestandteil des Unterrichts, sie ergänzten die Erarbeitung eines Stückes und ermöglichten den Jugendlichen einen vertiefenden Einblick in das kulturelle Leben der Gegenwart, sagte Fischer.

Nach dem Schlussapplaus beantworteten die Schauspieler und Regisseur Lars Dolkemeyer noch Fragen zum Stück und zu "Quasi Jugend". Dabei ging es unter anderem darum, dass die Inszenierung in die 1970er-Jahre verlegt wurde. "Wir wollten die Zeitlosigkeit des Themas betonen", begründete Tobias Stöttner diesen Schritt. Es habe in der Menschheitsgeschichte immer wieder Phasen gegeben, in der die Menschen glücklich waren oder eben nicht. Außerdem sollte es einmal nicht das "böse Internet" sein, in dem sich junge Menschen zum Selbstmord verabredeten. Das Team hätte tatsächlich überlegt, die beiden von der Klippe springen zu lassen, beantwortete Lars Dolkemeyer die Frage einer Lehrerin. Das Stück böte beide Möglichkeiten, doch seiner Meinung nach sei im Text die Neugier auf das Leben stärker als die Absicht, es zu beenden.

Wer bei der Quasi-So-Jugend mitmachen möchte, kann zu den Proben kommen oder an einem Casting teilnehmen. Schon am 3. Dezember ab 12.30 Uhr ist dazu in der Schauburg die nächste Gelegenheit, dann wird die Besetzung für das Stück "Raus aus Amal“"gesucht.