"Als die letzte Grille starb“ feiert Premiere in der Ibbenbürener Schauburg

Ibbenbürener Volkszeitung vom 19.03.2011

Von Wilm Froese. Zwei Freundinnen treffen sich in den Wirren eines sinnlosen Krieges wieder und wollen sich nie mehr trennen. Doch dann wird Petra durch ihre Eltern und deren Abgesandten Tom auf die Seite der Krieg führenden Regierung gezogen, Mareike folgt ihrem Bruder James zur aufständischen Opposition. Am Ende erschlägt Petra (Leonie Schoo) die Freundin und flieht, entsetzt über sich selbst.

Das ist nur ein Handlungsstrang in dem Theaterstück „Als die letzte Grille starb“ des jungen Ibbenbüreners Tobias Stöttner, das unter seiner Regie in der Schauburg vom Quasi-Jugend-Theater uraufgeführt wurde. Die Schicksale junger Leute in einem Befreiungskrieg gegen einen alles entscheidenden „Volksvater“ erinnern an die Vorgänge in Arabien, haben aber nicht wirklich einen aktuellen Bezug.

Ein „Endzeitstück“, wie Stöttner seinen Einakter nennt, ist es aber nicht, auch wenn es in der Form an manche Werke dieser Art erinnert, aber auch an Camus „Belagerungszustand“ und andere absurd-nihilistische Stücke. Es gibt nämlich Hoffnung, obwohl nicht nur Mareike (Nadine Ottenhues) der aufgeheizten Stimmung zum Opfer fällt. Mareikes Bruder James (Christoph Mett) wählt zermürbt den Freitod. Und auch das Geschwisterpaar Felix (Julian Krentscher) und Mia (Carmen Hesselmann) überlebt den Freiheitskampf nicht. Vor allem an Felix reißt Stöttner ein ganzes Bündel von Problemen an.

Felix muss für seine behinderte Schwester sorgen und greift dabei auch zu illegalen Mitteln. Das bringt ihm Demütigung und Erniedrigung ein (Bilal Khamis als Maik). Zudem wird er verantwortlich gemacht für die Kriegstaten seines gefallenen Vaters. Dennoch bringt er die Kraft auf, seiner Schwester eine heile Welt vorzuspielen, in der der Vater lebt und die Mutter noch bei der Familie ist.

Am Ende stirbt Mia seinetwegen. Weil er sich keiner der Gruppen anschließen will, nutzt man seine Schwester als Druckmittel, und Tom (Robert Ratert) ermordet sie schließlich. Das Leid der Unentschiedenen hat ja schon Hemingway thematisiert. Felix wird von beiden Seiten attackiert und misshandelt und stirbt an seinen Verletzungen. Aber er weiß im Tod, dass Frieden und Freiheit erreicht sind.

Stöttner konzentriert seine Geschichte auf wenige exemplarische und knapp gefasste Szenen. Das ist naturgemäß schwer zu spielen, schon gar für junge Amateure. Doch Stöttner und sein Co-Regisseur Jo Henning Richter führen ihre Truppe recht sicher, trotz einiger sprecherischer Defizite. Eine ganz besondere Leistung bringt allerdings Lars Dolkemeyer in einer aus dem Rahmen fallenden Rolle. Als Drogendealer Samuel besticht er durch eine in Sprache und Bewegung geschlossene Gestaltung.

Sogar während seiner Auftritte war vom erwartungsgemäß nicht sehr zahlreichen Publikum kein Laut zu hören. Und es dauerte lange, bis es sich zum Schlussapplaus aus seiner Konzentration löste. Das Stück ist zwar bestimmt kein reifes Werk, aber es ergreift und gibt viel Anlass zum Nachdenken und Diskutieren.