Ehekrieg im Studiobühnenformat in der Ibbenbürener Schauburg
Ibbenbürener Volkszeitung vom 05. November 2011
Das ganze Leben ist ein Korsett geworden ist, das einem die Luft abschnürt. Und die Ehe gehört dazu. So jedenfalls empfinden es Felix und Trude. Weder lieben sich die Verheirateten noch, noch hassen sie sich. Die Spannungen zwischen ihnen erreichen ihren Höhepunkt, als eine Feier bei „Freund“ Benno naht, der Felix jedoch fernbleiben möchte. Aus einem anfänglichen Disput entsteht eine „Zimmerschlacht“.
Erdkundelehrer Felix Fürst (Klaus-Peter Lefmann) ist 48 Jahre alt, fühlt sich aber wie 68. Seit 29 Jahren ist er mit Trude (Jutta Lefmann) verheiratet. Der Alltag hat in ihrer Ehe längst Einzug gehalten. „Bei uns fehlt es einfach an allem“, stellt Trude fest.
Aber der Musterspießer will ausbrechen aus dem bürgerlichen Korsett, das ihm die Gesellschaft auf den Leib schneidert. „Lass uns den Rahmen sprengen. Heute sollst du alles sagen, was du sonst verschweigst“, sagt er zu seiner Frau - und wundert sich, was er alles als Antwort bekommt. Da können dann auch das Kamasutra, eine vermeintliche Kriegserinnerung oder ein großes Glas Kognak nicht mehr helfen.
Gebannt verfolgen die Zuschauer das Treiben, das sie hautnah miterleben. Denn die 60 Plätze sind direkt auf der Bühne. In der engen Studioatmosphäre wirkt das Spiel noch greifbarer, intimer. Entsprechend reagiert das Publikum auf das Drama mit einem Wechselbad der Gefühle.
Wenn Klaus-Peter Lefmann alias Felix beim Telefonat mit Freundfeind Benno immer neue Ausreden sucht, warum er noch nicht auf der Feier erschienen ist, ist von allen Seiten deutliches Kichern zu hören. Und wenn der Spießer seiner Frau zunächst forsch befiehlt, sich auf den Teppich zu legen, um dann plötzlich und verlegen nicht mehr weiter zu wissen, johlt die Menge vor Freude.
Andersherum könnte man eine Stecknadel fallen hören, als Jutta Lefmann (Trude) ihrem Partner ernst und leise offenbart: „Du zählst nicht. Du hast noch nie gezählt.“
Bedrückend ist die Stimmung auch immer dann, wenn Trude verzweifelt versucht, die verfahrene Situation - und damit auch ihre Ehe - doch noch irgendwie zu retten. Durch das überzeugende Spiel der Darsteller, die auch im richtigen Leben ein Paar sind, fühlte sich sicher so mancher hin und wieder bedrückend an eigene Beziehungssituationen erinnert. Auch als Klaus-Peter Lefmann als Felix die Ehe nüchtern als eine „seriöse Schlacht“ bezeichnet, bleibt einem kurz die Luft weg. Felix ändert schließlich noch seine Meinung. Die Ehe sei vielmehr eine Operation: „Zwei Chirurgen operieren einander andauernd. Ohne Narkose. Und lernen immer besser, was wehtut.“
Als die beiden Schauspieler am Ende die Bühne verlassen, bricht lauter Jubel los, der nicht enden zu wollen scheint. Vier Mal werden die Mimen wieder auf die Bühne applaudiert.
Als das Publikum schließlich die Schauburg verlässt, hallt bei dem ein oder anderen Gast sicherlich noch ein Wortfetzen nach, den Felix zu Beginn des Stückes ins Telefon sprach: „Es wird sicher ein denkwürdiger Abend - für uns alle.“