Wer wagt, gewinnt

Ibbenbürener Volkszeitung vom 04. März 2006

Marianne Laun. Ibbenbüren. Sie haben es gewagt - und gewonnen. Die Frage, ob man bei der angestrebten neuen Art, mit Striptease Geld zu verdienen, aufs Ganze gehen oder sich im wahrsten Sinne des Wortes lieber bedeckt halten sollte, wird mutig entschieden. "Entweder ganz oder gar nicht", lautet die Devise des Quasi So und auch der sechs arbeitslosen Metallarbeiter, die ihren öden und wenig beglückenden Alltag ohne Arbeit satt haben und endlich etwas dagegen tun wollen.

In dem Boulevardstück "Ladies Night" von Stephen Sinclair und Anthony McCarten, mit dem das Quasi So am Donnerstag eine gut besuchte Premiere feierte, wird auf amüsante Weise gezeigt, wie diese sechs vom Leben wenig verwöhnten Männer völlig neue Wege beschreiten, um ihrer Misere zu entkommen. Ganz im Sinne des Originals, das sich von Anfang an einer enormen Popularität erfreute, agieren auf der Bühne ganz normale Männer, die in ihrem bisherigen Leben nie daran gedacht haben, besonderen Wert auf ihre Erscheinung und Ausstrahlung zu legen. Wie um deren wenig glamourösen Alltag und deren absolut ungeschliffene Art noch zu unterstreichen, lassen die beiden Regisseure Ulla Dorenkamp und Robert Rickert ihre Figuren auch in einer extrem ungeschliffenen, oft sogar unflätigen Art und Weise miteinander kommunizieren. In ihrer Inszenierung gehören zotige Späße, ordinäre Sprüche und Geschmacksverirrungen diverser Art zu den Markenzeichen dieser Männer, die weder besonders schön, noch clever, noch weltgewandt sind und außerdem von Frauen nichts verstehen. Der Zuschauer sieht schon bald: So kann das mit der geplanten Männer-Striptease-Gruppe "Gentlemen in Motion" nichts werden, auch wenn die sechs sich seelisch entblößen und so immer weniger fremd und vielleicht sogar richtig sympathisch werden. Ermutigende Zurufe, Applaus seitens des Publikums bei den unterschiedlichen Bemühungen der Männer und anerkennende Pfiffe samt bewundernden und ermutigenden "Ohs" und "Ahs" bei unglücklichen Stylingversuchen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass keiner auch nur ansatzweise einen Saal voller Frauen zum Brodeln würde bringen können.

Der coole Craig (Stefan König) kneift vor der Nacktheit, Norman (Ansgar Kuper, der das Publikum sehr schnell für sich einnahm) stottert und findet nicht die richtige Balance, Barry (sehr mutig: Rainer Grünebaum) markiert - psychologisch völlig verkehrt - den Wilden mit der Gitarre, der brave Wesley (wandlungsfähig und überzeugend: Andre Ruloffs) lebt noch bei seiner Mutter und ist sozusagen "religiös verhindert", der "soziologisch" versierte Gavin (Manfred Hagemann) kriegt es auch nicht hin und Graham (Frank Bülter) findet das Ganze schlichtweg krank und grässlich.

Klar, dass das ganze Unternehmen zum Scheitern verurteilt wäre, wenn es nicht zwei Frauen gäbe, die ihnen - sehr zum Vergnügen der Zuschauer - mit besonderen Übungen und Methoden auf die Sprünge helfen und sie so "vorzeigefähig" machen. Denn erst als die Kneipenbesitzerin Margie (Marjorie Hagenbeck) und die sehr durchsetzungsfähige "Dame" Glenda (Imke Strothmann) ihnen mit einem Saal und finanziellen Mitteln und vor allem mit dem notwendigen Know-how auf die Sprünge helfen, zeichnet sich ein möglicher Erfolg ab. Mit klaren Vorgaben und fast militärischem Kommandoton gelingt den Frauen das Unglaubliche: Zum Schluss präsentieren sich alle ehemaligen Metallarbeiter - auch Graham! - bei entsprechend diffusem rötlich-lilafarbenem Licht in einer fetzigen und auch witzigen Choreographie (Claudia Agternkamp) als mitreißende Stripteasetänzer, die nicht auf halbem Wege Halt machen.

Ein minimalistisches, sorgsam ausgetüfteltes Bühnenbild (Bastian Schallenberg, Rainer Möller) und exakt arbeitende Helfer sorgen für schnelle Wechsel zwischen den einzelnen Bildern und lassen das aufgebaute Interesse und die gute Stimmung nie abflauen. Nicht zuletzt tragen auch die Kostüme (Ute Stöttner, Christopher Schwarz) in dieser Inszenierung manch besonderen Effekt bei, vor allem wenn man mit ihnen für gelungene Überraschungen in diesem zugegebenermaßen für manchen vielleicht befremdlichen Stück unverklemmten und frechen Entertainments sorgt.